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Bistum Regensburg Umwelt & ökosoziale Gerechtigkeit

Ökosoziale Gerechtigkeit Der Beitrag der Diözese Regensburg

Artenschutz

Laudato Sí - ein wirtschaftskritisches Plädoyer für Artenschutz

Leitartikel im Umweltmagazin der ELKB umwelt.mitwelt.zukunft, Ausgabe 82/Juli 2019

von Beate Eichinger


Theologische Verankerung für Artenschutz | Statement anlässlich des Volksbegehrens Artenvielfalt

Artenschutz als Bestandteil christlich verantworteten Handelns

Anlässlich der bevorstehenden Eintragungsfrist für das Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ vom 31.1. – 13.2.2019 in allen bayerischen Rathäusern nimmt Beate Eichinger, die Umweltbeauftragte des Bistums Regensburg, Stellung zur christlichen Motivation, Artenschutz zu unterstützen:

Artenschutz bzw. der Erhalt von Artenvielfalt ist ein Teil der Schöpfungsverantwortung des Menschen. Als ChristInnen glauben wir daran, dass Gott die gesamte Welt mit all ihren BewohnerInnen – Menschen, Tiere, Pflanzen - geschaffen hat. Alle haben daher einen Eigenwert, den es zu beschützen gilt. Sehr eindringlich erinnert uns Papst Franziskus in seiner Ökoenzyklika Laudato sí an diese respektvolle Haltung gegenüber allen Mitgeschöpfen:

„Doch es genügt nicht, an die verschiedenen Arten nur als eventuelle nutzbare „Ressourcen“ zu denken und zu vergessen, dass sie einen Eigenwert besitzen. Jedes Jahr verschwinden Tausende Pflanzen- und Tierarten, die wir nicht mehr kennen können, die unsere Kinder nicht mehr sehen können, verloren für immer. Die weitaus größte Mehrheit stirbt aus Gründen aus, die mit irgendeinem menschlichen Tun zusammenhängen. Unseretwegen können bereits Tausende Arten nicht mehr mit ihrer Existenz Gott verherrlichen, noch uns ihre Botschaft vermitteln. Dazu haben wir kein Recht.“ (LS 33)

Wir Menschen haben besondere Gestaltungsmacht und damit auch eine herausragende Verantwortung für alle Mitgeschöpfe. Daraus folgt, dass wir Menschen die Natur nicht ausbeuten, sondern uns selbst bescheiden und unser Handeln so ausrichten, dass wir mit der Befriedigung unserer Bedürfnisse möglichst wenig Schaden anrichten. Mit passivem Nicht-Schaden-Wollen ist es jedoch nicht getan. Zu einem schöpfungsethisch ausgerichteten, christlichen Leben gehört das aktive Mitgestalten dieser Welt hin zum Wohle aller. Und zu dieser verantwortungsbewussten Gestaltungsaufgabe gehört auch, bedrohte, gefährdete Mitgeschöpfe zu schützen; dafür zu sorgen, dass sie nicht ausgerottet werden, dass sie ihre Lebensräume behalten können, dass ein fairer Ausgleich zwischen den Rechten der Menschen und der übrigen Kreatur stattfindet.

Allgemein ethische Gründe für den Artenschutz
Artenvielfalt ...

• ist unsere Hauptquelle für Nahrung, Treibstoffe und Fasern. Ohne sie hungern wir.

• reguliert die Erdatmosphäre. Ohne sie ersticken wir.

• gibt den Menschen kulturelle, ästhetische und inspirierende Werte. Ohne sie verkümmern wir.

• enthält viele, oft noch unbekannte, medizinische Grundstoffe. Ohne sie sterben wir.

Diese Liste ließe sich beliebig fortführen. Aus diesen Gründen ist Artenschutz lebenswichtig. Es wird deutlich, dass die Erde kein Selbstbedienungsladen ist, sondern ein fein austariertes Netzwerk, voll von gegenseitigen Beziehungen. Diese Gründe beziehen sich aber nur auf das Eigeninteresse der Menschen: Artenvielfalt ist wichtig, weil wir sie brauchen.

Gründe aus dem biblischen Schöpfungsglauben heraus
ChristInnen gehen über diese Überlegungen hinaus. Wir schlagen drei weitere Gründe vor.

1. Artenvielfalt ist Gott wichtig
Wir kümmern uns um die Schöpfung, weil wir den Schöpfer lieben und nicht einfach, weil wir leiden, wenn wir es nicht tun. Die wirkliche Motivation, um etwas zu verändern bekommen wir, wenn wir unsere Beziehungen überdenken. Mitgefühl für Menschen, die in einer missbrauchten Schöpfung leiden, ist möglich. Von dort ist nur noch ein kleiner Schritt zum Mitgefühl mit der missbrauchten Schöpfung selbst. Schon in Römer 8 finden wir den Hinweis, dass wir im Blick auf die leidende Schöpfung selbst antworten müssen, von der Paulus in der Sprache des »Seufzens« spricht. Der Wert der nichtmenschlichen Schöpfung geht weit über den Wert hinaus, den sie für uns Menschen hat. Gott beauftragte Noah, die Artenvielfalt zu retten, damit die unterschiedlichen Arten auf der ganzen Erde am Leben bleiben (Gen 7,3). Das beinhaltet, dass ihr Wert nicht an den Nutzen für Noah gebunden war. Mit unserer beschränkten und menschenzentrierten Weltsicht können wir Gottes Pläne für die Schöpfung nicht begreifen.

2. Die Artenvielfalt wurde uns von Gott anvertraut
Selbst wenn die Menschheit nicht vom Artensterben betroffen wäre, müssten wir vor Gott trotzdem dafür Rechenschaft ablegen. Die Verantwortung für die Artenvielfalt ist Gottes erster Auftrag an uns Menschen und damit begründet, dass wir nach seinem Bild gemacht sind (Gen 1,26–28). Es ist Teil unseres Dienstes für Jesus Christus, »durch den und für den alle Dinge gemacht sind« (Kol 1,15).

3. Durch die Artenvielfalt können wir Gott und uns selbst besser verstehen
Jesaja 41,19–20, Psalm 104, Lukas 12,22–31, Römer 1,20 und andere Verse erinnern uns daran, dass wir etwas über Gottes Art und unsere menschliche Natur lernen, wenn wir die Natur beobachten. Jedes Mal wenn wir zulassen, dass Geschöpfe aussterben, egal ob durch Gier oder Gedankenlosigkeit, entfernen wir ein Stück von Gottes Selbstoffenbarung in der Schöpfung. Gottes Schöpfung ist schließlich die Seine und nicht unsere. Wir sind einerseits ein winziger Teil davon und andererseits wunderbar mit der Fürsorge für sie betraut.

Der Schutz der Artenvielfalt ist in der Tat eine hohe Berufung.

Regensburg, 11. Januar 2019
Beate Eichinger M.A., Dipl.-Theol.,
Fachstelle Umwelt & ökosoziale Gerechtigkeit, Bistum Regensburg

veröffentlicht in der Kath. Sonntagszeitung im Bistum Regensburg, Ausgabe Nr. 4/2019 vom 26./27. Januar 2019


Artenschutzprojekte von Genesis-Preisträger-Pfarreien - 2 Beispiele

In der Pfarrei M. Himmelfahrt in Sinzing gibt es auf und unter dem Kirchturm ein ganzes Paket an Aktionen, die das Leben in seiner Buntheit und Vielfalt fördern: im Pfarrgarten leben mittlerweile 12 Bienenvölker zwischen Blühwiesen, Obstbäumen und Steingarten, mit den Firmlingen wurden Nistkästen gebaut und mit den Ministrant*innen ein großes Insektenhotel in Kirchenform, der „richtige“ Kirchturm wurde saniert, um weiterhin Heimat für das Große Mausohr und für Turmfalken bleiben zu können. Pfarrer Bernhard Reber leitet Bienenführungen mit „Schaubeute“ – das alles ist begleitet von hervorragender Pressearbeit, um die Öffentlichkeit auf das Thema Schöpfungsverantwortung aufmerksam zu machen. Wichtige Koordinatorin all dieser Aktionen ist die Gemeindereferentin Maria Sporrer.

In der Pfarrei St. Augustin in Viechtach wurde seit dem Amtsantritt von Pfr. Dr. Werner Konrad im Jahr 2013 das gesamte Pfarrgelände naturnah umgestaltet: angepasst an die dortige Hanglage sind jetzt neue Blühflächen angesät, Sträucher und Hecken gepflanzt und ein Steingarten angelegt. Altlasten wie eine vernachlässigte Grüngut- und Abfalldeponie am Hanggrund wurde entsorgt, eine artfremde Nordmanntanne gefällt und der Stammstumpf zur Sitzgruppe umfunktioniert. Neben vielen Insekten und Kleintieren fühlen sich nun auch Hühner, Gockel und Laufenten auf dem Gelände wohl. Auf der Nordseite der Kirche ist ein „Weg des Lebens“ geplant, der die Evolutions-Zeiträume veranschaulicht. Nicht nur beim Sommer-Gartenfest ist die ganze Pfarrei eingeladen, dieses Paradies zu nutzen.